Spieler und Trainer: Vorsicht bei "Fummelverträgen"
Ein häufiger Fall aus der Praxis: Der Spieler bzw. Trainer und Verein wollen künftig unbedingt zusammenarbeiten. Auch über die Höhe der Vergütung besteht grundsätzlich Einigkeit.
In der vertraglichen Umsetzung legt der Verein allerdings viel Kreativität an den Tag, um das Gehalt möglichst günstig abrechnen zu können. Die vereinbarte Summe wird auf mehrere Vertragsverhältnisse aufgeteilt. Jedoch bergen diese "Sparmodelle" Risiken für beide Seiten, insbesondere aber für den Spieler bzw. Trainer.
Beispiel: Der Spieler/Trainer soll monatlich 1.200,00 Euro ausgezahlt bekommen. Der sauberste Weg wäre, einen Arbeitsvertrag mit der entsprechend höheren Bruttosumme zu schließen. Selbstverständlich fallen Lohnsteuern, Sozialabgaben und entsprechende Arbeitgeberanteile an.
Gehen wir von dem - aus Vereinssicht - wirtschaftlich ungünstigsten Fall aus: Der Spieler/Trainer ist ledig, kinderlos und Kirchenmitglied. Das heißt, es würde beim Arbeitsvertrag mit dem Verein Lohnsteuerklasse I anfallen. Um auf die vereinbarte Auszahlungssumme zu kommen, würde in Nordrhein-Westfalen ein Bruttogehalt von rund 1.700,00 Euro anfallen. Das Arbeitgeber-Brutto, also die tatsächlichen Kosten des Vereins, lägen bei etwa 2.030,00 Euro monatlich. Hinzu kommen die Beiträge zur VGB auf Grundlage des Bruttoeinkommens von 1.700,00 Euro.
„Kreatives Modell“
Der Verein schlägt indes folgendes Modell vor: Der Spieler/Trainer bekommt einen Mini-Job über 450,00 Euro für die erste Mannschaft sowie eine steuerfreie Übungsleiterpauschale von 200,00 Euro. Er soll dafür offiziell die B-Jugend betreuen. Inoffiziell wird gesagt: "Die B-Jugend macht der Michael. Da musst du nicht hin." Das macht 650,00 Euro. Weitere 100,00 Euro werden über Fahrtkosten abgerechnet. Zwischenergebnis: 750,00 Euro. Die Lebensgefährtin des Spielers, eine Studentin, erhält ebenfalls einen Minijob über 450,00 Euro beim Verein. Sie soll dafür offiziell z.B. die Website betreuen.
Inoffiziell wird gesagt: "Du musst gar nichts machen, die Website macht bei uns schon immer der Horst und der macht das auch so weiter." Und schon kommt man auf die avisierte Summe von 1.200,00 Euro.
Die Kosten für den Verein: 1.200,00 Euro plus etwa 300,00 Euro Arbeitgeberanteile für die beiden Mini-Jobs = etwa 1.500,00 Euro. Bei der VBG wird "selbstverständlich" nur ein Minijob gemeldet.
Einschub: Sollte der Spieler/Trainer bereits einen Hauptjob haben, müsste auf Basis der Lohnsteuerklasse VI abgerechnet werden. Das monatliche Brutto wäre in unserem Beispiel dann etwa 2.300,00 Euro (2.750,00 Euro Arbeitgeber-Brutto).
Die "kreative" Variante ist also für den Verein gut 530,00 Euro günstiger. Monat für Monat. Für den Spieler/Trainer macht dies im Portemonnaie keinen Unterschied, falls er und seine Partnerin eine gemeinsame Haushaltskasse haben. "Normal abgerechnet" würde der Spieler/Trainer den Job nicht bekommen oder nur für wesentlich weniger Geld.
Also eine clevere "Win-Win-Situation"? - Mitnichten! Das "kreative Modell" ist gefährlich. Für beide Seiten!
Erhebliche Risiken
Dabei meine ich nicht nur diejenigen Risiken für den Spieler/Trainer, die auf den ersten Blick offenkundig sind, z.B. eine Trennung von der Partnerin oder deren Einschränkung, für sich selber keinen Minijob mehr ausüben zu dürfen.
Nein, im Fall einer Erkrankung oder schweren Verletzung bekommt der Spieler/Trainer kein Krankengeld und/oder muss deutliche Einbußen bei den VBG-Leistungen hinnehmen, denn im Zweifel wird jetzt als Berechnungsbasis der Minijob zugrunde gelegt. Auch fallen in diesem Zeitraum keine Fahrtkosten mehr an. Hinzu kommt, dass weniger in die Sozialversicherungskassen (z.B. Rente) eingezahlt wird, was sich z.B. beim Arbeitslosengeld I massiv auswirken könnte.
Ist ein Trainer betroffen, droht im Fall seiner Beurlaubung Streit über die Höhe einer möglichen Abfindung. Schließlich ist der eigentliche "Trainervertrag" nur ein Minijob. Praktische Erfahrungen zeigen, dass - wenn sich beide Seiten nicht mehr wirklich mögen - sich der Verein nicht mehr an seine Zusagen erinnern kann oder will. Oder der Vorstand hat gewechselt.
Wie auch immer: Eine Trennung geht in den Fällen der "Fummelverträge" selten reibungslos und fair vonstatten.
Nachzahlungen drohen
Selbstverständlich muss auch immer damit gerechnet werden, dass Finanzamt und Sozialversicherungsträger das "Sparmodell" hinterfragen könnten. Im schlimmsten Fall käme es zu dem - in unserem Beispiel zutreffenden - Ergebnis, dass Übungsleiterpauschale und der Minijob der Partnerin nichts anderes als verdeckte Lohnzahlungen an den Spieler/Trainer sind.
Dann drohen neben satten Nachzahlungen (unser Spieler/Trainer in diesem Beispiel ist wahrscheinlich nicht der einzige, mit dem der Verein dieses "Sparmodell" fährt oder gefahren hat) und Strafverfahren.
Im Oktober wurde ein Verein aufgrund eines Urteils des Sozialgerichts Heilbronn zur Nachzahlung von 20.000 Euro Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet.
Zwischenbemerkung: Das "Sparmodell" hat in der Praxis viele Variationen. Oft genug auch mit einer vierten Komponente: dem "BAT-Anteil" ( = "Bar auf Tatze"). Dass sich an dieser Stelle alle Beteiligten im strafrechtlichen Rahmen bewegen, bedarf wohl keiner Erwähnung!
Der eine oder andere Leser wird jetzt sicherlich denken: Ups, das läuft bei mir ähnlich. Aber wir sind ja schlauer: Ich trainiere die B-Jugend wirklich, habe locker 100,00 Euro Fahrtkosten und meine Freundin macht tatsächlich die Website und behält das Geld für sich. Ich war auch noch nie länger verletzt. Schwarzkohle gibt es bei uns nicht. Die drei Verträge sind einheitlich befristet und nicht vorzeitig kündbar.
OK, in einem solchen Fall kann das "Sparmodell" tatsächlich eine kreative und legale Alternative sein.
In allen anderen Fällen sollten sich beide Seiten genau überlegen, ob sie wirklich "um jeden Preis" zusammenarbeiten wollen und sich die Risiken vor Augen führen.
Abschließender Hinweis:
Es kann jedenfalls nicht schaden, sich vor Abschluss von Verträgen, insbesondere von "Fummelverträgen" anwaltlich beraten zu lassen und ggf. auch einen Steuerberater zu Rate zu ziehen. Das ist immer günstiger, als sich später zu streiten oder Scherereien mit Behörden zu bekommen...
Spieler und Trainer: Vorsicht bei Fummelverträgen Teil 2:
Mir wurden nach der Veröffentlichung des ersten Teils auf Facebook - Handballrecht viele Konstellationen geschildert. So unterschiedlich diese Vertragsgestaltungen im Detail waren, eine Sache hatten alle gemeinsam:
Gravierende Nachteile für Spieler oder Trainer!
Beispiel: Um auf die gewollte Summe von 1.600,00 Euro netto zu kommen, ließ sich ein nebenberuflicher Trainer auf Folgendes ein: 450,00 Euro-Job + 200,00 Euro Übungsleiterpauschale. Dazu 350,00 Euro Fahrtkostenzuschuss und 400,00 Euro Minijob und 200,00 Euro Übungsleiterpauschale für seine Lebensgefährtin, die ihm u.a. die Videobearbeitung abnahm.
Der Trainer wurde irgendwann freigestellt. Fahrtkosten fielen nicht mehr an, auch die Tätigkeit seiner Partnerin war nicht mehr gewünscht. Mini-Job- und Übungsleiter-Vertrag der Partnerin sind unter Beachtung der gesetzlichen (kurzen) Fristen gekündigt worden; eine Befristung war nicht erfolgt.
Verein plötzlich ahnungslos
Der Verein zahlt also bis zum Ende der Vertragslaufzeit nur noch 650,00 Euro. Gut, dafür spart der Trainer die Fahrtkosten, aber letztlich muss er doch auf den größten Teil des eingeplanten Geldes verzichten.
Die „reguläre“ Variante wäre ein Arbeitsvertrag mit Lohnsteuerklasse VI gewesen. Das hätte den Verein monatlich bei einem Netto des Trainers von 1.600,00 Euro knapp 4.000,00 Euro (Arbeitgeberbrutto) gekostet.
Bei der gewählten Variante betrugen die Kosten für den Verein lediglich zwei Minijobs (~ 1.150,00) Euro, zweimal Übungsleiterpauschale ( = 400,00 Euro) plus Fahrtkosten mit 15% Pauschalversteuerung (~ 400,00 Euro), also die Hälfte - insgesamt knapp 2.000,00 Euro.
Beim Verein stellt man sich stur und will sich nicht mehr an das ursprünglich Gewollte erinnern, bzw. tritt dem Trainer für sein Entgegenkommen bei der Vertragsgestaltung jetzt noch in den Allerwertesten. Letzteres ist eine unjuristische Bemerkung.
Im Zweifel: Finger weg!
Ähnliches kann bei Konstellationen mit „Aufwendungsersatz“ (sofern dieser bei Licht betrachtet nicht als Lohn gewertet werden muss), Internetpauschalen, Tankgutscheinen u.v.m. passieren.
Jeder, der sich auf solche „Fummelverträge“ einlässt, sollte wissen, dass er erhebliche Nachteile dadurch erleiden kann.
Auf die sozialversicherungsrechtlichen Aspekte (z.B. Rente, ALG I), kein Krankengeld (nach 6 Wochen Verletzung oder Erkrankung) und - vor allem bei Spielern – die VBG-Problematik bin ich im ersten Artikel zu der Thematik bereits eingegangen.
Klar ist, dass es einen regulären Arbeitsvertrag (ggf. mit Lohnsteuerklasse VI) aus Kostengründen oftmals nicht geben wird oder aber das Gehalt zu niedrig ausfiele.
In solchen Fällen kann es ratsam sein zu sagen: „Leute, es war eine tolle Idee! Ich hätte zu gerne bei euch trainiert (gespielt), aber es geht leider nicht!“
Ihr kauft ja auch kein Auto, das ihr nicht bezahlen könnt...
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