Oft grob unsportliche Ergebnisse - Ein Plädoyer für einen neuen § 19 RO

Update 03.03.2018

 

Liebe Handballfreunde an den Stellschrauben der Ordnungsgebung in den Verbänden!

 

Schon in der Vergangenheit bin ich vehement für eine Reform des unsäglichen § 19 (1)  Rechtsordnung eingetreten, denn es gab zuletzt immer wieder darauf gestützte folgenschwere Urteile, die im Ergebnis dem Sportsgeist massiv widersprechen und weder den Beteiligten noch der Handballöffentlichkeit zu vermitteln sind. Als Beispiel sei die Causa Fürstenfeldbruck aus der Vorsaison genannt.   

 

Losgelöst vom Fall Fürstenfeldbruck plädiere ich an dieser Stelle für eine dringende grundlegende Reform der Rechtsordnung, insbesondere des § 19 RO

 

Diese in der Praxis sehr relevante Vorschrift ist aufgrund des fehlenden Ermessensspielraums meiner Meinung nach nicht haltbar und führt in vielen Fällen zu grob unsportlichen Ergebnissen!

 

Es kann doch nicht angehen, dass im SPORT und hier geht es um SPORT, Formalien in jedem Fall über sportliche Gesichtspunkte gestellt werden!

Meiner Meinung nach bedarf die Rechtsordnung einer Generalüberholung! In vielen Bereichen ist sie nicht mehr zeitgemäß und schwer praktikabel, doch das ist ein anderes Thema, das ich an dieser Stelle nicht vertiefen möchte.

„Handball – Es lebe der Sport!“ An der Kernaussage der lobenswerten gemeinsamen Kampagne der HBL, des DHB und der Verbände muss sich der Handball nun allerdings auch messen lassen. In allen Segmenten!

 

Insbesondere führt aber die Anwendung des in der Praxis sehr relevanten § 19 RO oftmals zu grob unsportlichen und nicht nachvollziehbaren Ergebnissen.

Im § 19 (Spielverlustwertung ohne jeden Ermessensspielraum bei Einsatz z.B. eines nicht spielberechtigten Spielers) sollte künftig unterschieden werden zwischen Fällen, in denen die Spielberechtigung nicht sofort hergestellt werden kann (z.B., weil noch eine andere Spielberechtigung besteht oder die Wechselfrist in der BL abgelaufen ist) und Fällen, in denen zum Zeitpunkt des Spiels sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung einer Spielberechtigung vorgelegen haben, diese allerdings z.B. aufgrund eines Formfehlers oder Versäumnisses nicht erteilt worden ist.

 

Fallgruppen unterscheiden

 

In der ersten Fallgruppe kann die Rechtsfolge nur Spielverlust sein, wobei auch da (Vorsatz ausgenommen) eine zeitliche Grenze gelten muss, nach deren Überschreitung keine Umwertungen für die Vergangenheit mehr möglich sind. Einfach aus Gründen der Planbarkeit des Spielbetriebs für alle Beteiligten. Die Schwere der Rechtsfolge kann doch nicht ernsthaft von dem Zufall abhängen, wann der Fehler entdeckt wird. Nach dem ersten Spieltag ist der Schaden überschaubar, vor dem letzten eine Katastrophe.

In der zweiten Fallgruppe sollte der Verein eine spürbare Geldstrafe bekommen (man kann auch über einen moderaten Punktabzug diskutieren) und gut ist. Schließlich wird der Wettbewerb nicht verzerrt, es wird niemand benachteiligt.

Würden diese Fälle so behandelt, gäbe es eine Parallele zu dem Einsatz eines Spielers, der nicht auf dem "Bogen" steht und der (sofern noch Platz auf dem "Bogen" ist) nachgetragen werden kann. Der Mannschaftsverantwortliche wird progessiv bestraft und die Sache ist erledigt.

 

 

 

§ 19 in aktueller Fassung grob unsportlich

 

Die völlig restriktive Gestaltung des § 19 RO ist nach meiner Auffassung grob unsportlich, da die Norm auch für Fälle leichtester Verstöße keinen Ermessensspielraum eröffnet, wohl aber zu drastischen Auswirkungen führen kann.

 

Es muss auch hier der rechtsstaatliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gelten, erst recht in einem Über- und Unterordnungsverhältnis, wie es zwischen Verband und Verein besteht!

Aus spieltechnischer Sicht - nur die Umwertungen betrachtet - sind nämlich folgende Sachverhalte gleichgestellt:

1.) Ein Verein weiß, dass ein Spieler z.B. in Bulgarien noch eine Spielberechtigung hat, fälscht sogar die Vertragsauflösungsanzeige, beantragt beim zuständigen deutschen Verband die Spielberechtigung und setzt den Spieler ein.

2.) C-Jugend-Quali. Ein Spieler wechselt zur Qualifikation von A nach B. Der Ehrenämtler von B beantragt die Spielberechtigung, übersieht aber, dass im unübersichtlichen Online-System noch ein zusätzlicher Haken für die sofortige (sperrfreie) Spielberechtigung für die Quali zu setzen ist. Der Spieler wird eingesetzt, die Mannschaft hat das Potenzial, sich für die höchste Spielklasse zu qualifizieren, bleibt dann aber aufgrund der Umwertungen auf Kreisebene hängen.  Das ist im Sommer 2016 - pädagogisch übrigens sehr wertvoll ;-) – verbandsgerichtlich so bestätigt worden.

 

Das kann und darf nicht (ernsthaft) so gewollt sein!

 

 

Falsches Häkchen in C-Jugend härter bestraft als Dopingvergehen bei Profis


Noch ein Beispiel: Wird ein Spieler beim Doping erwischt, gibt es erst dann eine Spielverlustwertung, wenn mindestens noch ein zweiter Mannschaftskollege, der am entsprechenden Spiel teilgenommen hat, des Dopings in diesem Spiel überführt wird. Ein Gedopter alleine reicht nicht für den Spielverlust, selbst wenn der sich absichtlich über einen langen Zeitraum mit Wissen und Unterstützung des Vereins zugedröhnt hätte und es um die Deutsche Meisterschaft gegangen wäre, vgl. § 19 (1) g RO.

Leute! Den eben genannten Fall der C-Jugend-Quali spieltechnisch härter zu sanktionieren als einen bewusst und gewollten Doping"betrug": Das geht gar nicht und ist NIEMANDEM zu vermitteln!

Die teilweise in der öffentlichen Diskussion vertretene Aussage: "Regel ist eben Regel!", lasse ich nicht gelten. Das ist mir viel zu einfach!

Regeln kann (und muss) man einerseits ständig den tatsächlichen Gegebenheiten und der Zeit anpassen - und nicht seit gefühlt 1950 unverändert nach dem Motto: "Dat hävv wi jümmer zau mauket!" ins Jahr 2018 durchschleppen - und andererseits unterliegt auch die Regelgebung durch Verbände rechtstaatlichen Regeln!

Gerade und erst recht im SPORT muss das so sein. - Es geht hier um HANDBALLSPORT, nicht um Bau- oder Betriebsgenehmigungen für Kernkraftwerke!

 

Aber wahrscheinlich muss es erst ein Aushängeschild des deutschen Handballs wie den THW Kiel erwischen, ehe diese vorsintflutliche Norm den Gegebenheiten des Jahres 2018 angepasst werden wird.

 

Liebe Handballfreunde an den Stellschrauben der Ordnungsgebung in den Verbänden:

 

Bitte geht in euch und passt endlich diesen unsäglichen § 19 RO an die Grundgedanken des Handballsports an!

 

 

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

 

Helge-Olaf Käding

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